Frankreich Amerika

*  15. Juni 2025

Essay

Von Hans-Jürgen Lüsebrink

Historische Voraussetzungen

Die französischsprachigen Literaturen der USA sind ein Erbe der kolonialen Annexion weiter Teile des Gebiets der heutigen Vereinigten Staaten durch das Königreich Frankreich im 17. und 18. Jahrhundert sowie der massiven Einwanderung von Frankokanadiern in die Neu-England-Staaten zwischen 1860 und 1930. Die koloniale Expansion Frankreichs betraf zunächst im beginnenden 17. Jahrhundert das Gebiet des heutigen Kanadas und anschließend, im Zuge militärischer Expeditionen, den gesamten Mittelteil der heutigen USA, von den großen Seen bis nach Louisiana. Gestützt auf die Gründung von Handels- und Militärstützpunkten wie Fort Maurepas (1699), Mobile (1702), La Nouvelle Orléans (New Orleans, 1718) und Bâton Rouge (1720) sowie christliche Missionen, fußte die französische Kolonialherrschaft auf Bündnisverträgen mit indigenen Völkern und nicht, wie in den englischen Kolonien Nordamerikas, auf der Einwanderung zahlreicher Siedler. Erst die Immigration von französischen Siedlern aus der kanadischen Provinz Akadien, aus der sie nach der britischen Eroberung 1755 vertrieben worden waren, sowie von Plantagenbesitzern und ihren Angehörigen aus der französischen Kolonie Saint-Domingue (das heutige Haiti), die zwischen 1790 und 1804 im Zuge der Haitianischen Revolution und Unabhängigkeitsbewegung nach Louisiana geflohen waren, führten zur Entstehung einer zahlenmäßig umfangreicheren Bevölkerungsschicht vor allem in Louisiana. Der Ankauf von Sklaven, ...